Ich glaube, wir alle hatten ihn schon einmal: diesen dystopischen Traum, aus dem man verzweifelt erwachen möchte, aber es gelingt einfach nicht. Gefangen in einer verworrenen Geschichte, gejagt von etwas Unheimlichem, stürzt man vielleicht in eine tiefe Schlucht und weiß nicht, wo die Reise endet. Beim Erwachen bleibt das Unbehagen in den Gliedern, die Gedanken hallen noch nach. Zum Glück war es nur ein Traum, sagt man sich. Der Tag beginnt, und langsam tritt die Geschichte in den Hintergrund.
Doch was, wenn dieser Traum zur Realität würde? Wenn das Leben sich anfühlen würde wie eine dieser unangenehmen Nächte voller Schlafparalyse und Albträume?
So erscheint mir die Welt derzeit. Tag für Tag sehe ich in den sozialen Medien Bilder des Entsetzens, deren Existenz ich mir noch vor nicht allzu langer Zeit nicht eingestehen wollte. Sie erinnern an die unheimlichen Geschichten, die einem die Nachbarin früher erzählte, während man mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund an ihren Lippen hing, nur um sich im nächsten Moment einzureden, dass so etwas so selten geschieht und sicherlich nur in weiter Ferne. Also eigentlich kaum der Rede wert. Und vielleicht waren sie früher nicht erwähnenswert, weil wir sie nicht in Echtzeit erlebten – anders als heute. Die Welt schrumpft und verdichtet sich, die Grenzen werden von einigen hemmungslos überschritten, während sie für andere unüberwindlich erscheinen.
Doch jetzt? Jetzt sind diese Albträume und unheimlichen Geschichten nur einen Wimpernschlag entfernt. Aber das ist noch nicht einmal das Schlimmste: Das Schlimmste ist das Fehlen der Anerkennung. Es gibt Zeugen des Grauens, aber keine Verurteilung für ebendieses. Es ist ein Hämmern gegen eine Mauer, die nur Wunden bei denen hinterlässt, die versuchen, sie zu durchbrechen.
Es ist wie eine Achterbahnfahrt, nur dass es bei einer Achterbahn auf und ab geht. Bei dieser Fahrt jedoch stürzt der Wagen mit voller Wucht in den dunklen Tunnel – ohne die Gewissheit des Wiederaufstiegs.
Alles, was ich tun kann, ist atmen. Ein- und ausatmen. Die Hand aufs Herz legen. Trauern. Beten. Hoffen.
Alles, was ich tue, ist an jene zu denken, die nicht mehr atmen können.
Und alles was ich mir wünsche, ist, dass die Menschlichkeit heute wieder bedeuten würde, das Herz zu öffnen. Wenn dieses pumpende Ding zwischen den Rippen frei wäre von Geld-und Machtstreben, könnte die Welt eine Bessere sein.